PDA

PDA und Weihnachten

Weihnachtern.. Kinderaugen leuchten, Plätzchen werden gebacken, Lieder gesungen und jeden Tag ein Türchen im Adventskalender geöffnet.
Was für eine besinnliche und ruhige Zeit für die Familie.
Aber nicht für jede Familie. Familien mit neurodivergenten Kindern und im Speziellen mit Kindern im PDA Profil erleben diese Zeit häufig ganz anders und teilweise sogar als große Last.
Sie wird begleitet von Meltdowns, emotionalen Belastungssituationen, Aggressionen und Equalizing. Manchmal reicht es so weit, dass Kinder in dieser Zeit schulunfähig sind und Elternteile sich Urlaub nehmen müssen, um in dieser Zeit Vollzeit regulieren zu können.

Aber warum ist das so? Mögen Kinder mit PDA Weihnachten nicht?
Wie ihr euch sicher denken könnt, ist dies natürlich nicht der Fall, sondern häufig sogar ganz im Gegenteil.
Wenn wir ganz allgemein auf die Weihnachtszeit schauen, ist dies eine Zeit der extremen Aufregung. Objektiv betrachtet ist es eine positive Freude und Aufregung, aber das Gefühl der Freude, kann für einen Menschen mit einer Behinderung des Nervensystems eine echte Herausforderung sein. Das Gefühl von extremer Freude kann sich sehr ähnlich wie Angst anfühlen. Viele Ungewissheiten durch Überraschung und magische Geschöpfe kommen dazu.

So ist immer dieses angespannte, kribbelige Gefühl durch den ganzen Körper zu spüren, was kaum aushaltbar ist und sich manchmal sogar wie aufkommende Panik anfühlt. Auch dieses Gefühl ist Menschen mit PDA sehr bekannt und nicht unbedingt positiv besetzt,

So könnte man sagen, dass sich diese Vorfreude, wie ein permanenter Kontrollverlust anfühlt und somit permanenten Stress auslöst. Das kann so weit gehen, dass dieser Zustand ähnliche Symptome wie bei einem PDA Kind im Burnout auslöst. Extremes Equalizing Verhalten, wie Gewaltausbrüche, Beschimpfungen, Isolierung, Schreien bis hin zu schockierenden Verhalten.

Von außen wird dies nicht verstanden, denn Weihnachten sollte doch eben so positiv für alle sein.
Dies gibt wieder viel negatives Feedback für das Kind und somit mehr Autonomieverlust und mehr negativ gewertete Verhaltensweisen.

Auch ein Adventskalender kann eine echte Herausforderung für sie sein.
Jeden Tag darf nur ein Türchen geöffnet werden. Selbst wenn Eltern dies dem Kind überlassen und es nicht dazu gezwungen ist, nur eines zu öffnen, sind Menschen mit PDA zum jetzigen Stand dem Autismus Spektrum zugeordnet und autistischen Menschen sind Regeln häufig sehr wichtig. So möchten sie keinesfalls mehr als ein Türchen öffnen oder sind wütend, wenn sie diesem Impuls nicht widerstehen konnten,

Auch das Türchen zu öffnen kann eine Anforderung darstellen und deswegen zu einem inneren Kampf führen. Dies führt wiederum zu starken Emotionen bis hin zu Meltdowns. Gerade Dinge, auf die sie sich besonders freuen, stellen eine riesige Anforderung dar.
Bei Kalendern, in denen nicht jeden Tag das Gleiche ist, kann es zusätzlich problematisch sein, weil sich eine Art Erwartungsdruck aufbaut und die Angst, dass es am nächsten Tag nichts vergleichbar gutes sein könnte.

Die Geschenke sind bei vielen Kinder der Kernpunkt ihrer Aufregung. Sie sind mit der größten Vorfreude besetzt, aber auch mit sehr vielen Anforderungen und Unsicherheiten.
Unsicherheiten sind für Menschen mit PDA und allgemein für autistische Menschen ein großes Problem. Sie führen zu Ängsten und extremer Angespanntheit.

Diese Unsicherheit führt manchmal zu starken Gedankenkreisen. Die Kinder machen sich Sorgen, ob sie die Dinge auf der Wunschliste bekommen, ob sie rechtzeitig ankommen, ob sie vielleicht sogar ausverkauft sind und ob sie ihnen am Ende auch gefallen werden.

Die Bescherung und das Öffnen der Geschenke stellt am Ende bei einigen Kindern die höchste Anforderung dar. Sie sich zu freuen, kann eine Anforderung darstellen, die ihnen Angst macht und vermieden wird. Andererseits möchten sie ihre Geschenke unbedingt öffnen und mit ihnen spielen. Dies führt nicht selten zu einer explosiven Mischung.
Manche Kinder müssen ihre Geschenke deswegen etwas stehen lassen und später in Ruhe öffnen. Beim Öffnen der Geschenke kommt nicht selten eine weitere Anforderung dazu.
Es steht eine unausgesprochene Erwartung im Raum, die die Kinder spüren.
Der Schenkende wünscht sich, dass das Kind sich freut und manchmal sogar, dass es dankbar dafür ist.

So bleibt diese Reaktion bei Kindern mit PDA nicht selten aus, oder ist sehr zeitverzögert und anders als von der Allgemeinheit erwartet.

Dieser Erwartungsdruck an Kinder weitet sich an den Feiertagen mit der Familie oft noch aus. Es wird erwartet, dass das Kind sich benimmt und angepasst ist.

Dies führt eventuell aber zum Gegenteil. Das Kind ist angespannt, laut, motorisch unruhig und explosiv, der Druck, der auf ihm liegt, ist in diesen Situationen oft nicht mehr aushaltbar.

Ein wichtiger weiterer Aspekt, den ich letztes Jahr schon im Zusammenhang mit neurodivergten Kindern erwähnte, ist der Weihnachtsmann.
Mit diesem wird nicht selten enormer Druck auf Kinder ausgeübt. Beschenkt werden nur die „braven“ Kinder. Die, die sich das ganze Jahr gut benommen haben und auf ihre Eltern gehört haben.
Sogar fremde Menschen fühlen sich oft im Recht, Kindern zu sagen, dass der Weihnachtsmann nicht kommen wird, wenn sie sich beispielsweise im Laden ihrer Auffassung nach nicht gut benehmen.
Das ganze Konstrukt des Weihnachtsmannes übt also wieder einen enormen Druck und eine riesige Anforderung an Kinder mit PDA aus. Außerdem spielt hier auch ein Autonomieverlust eine Rolle, denn der Weihnachtsmann ist definitiv nicht auf Augenhöhe mit Kindern.

Magische Gestalten können zudem auch Unsicherheiten und Ängsten in den Kindern auslösen.

Gekrönt wird das Ganze an dem Zeitpunkt, wo von Kindern verlangt wird, dass sie Lieder oder Gedicht für den Weihnachtsmann aussagen sollen.

Hier entsteht dann ein echter innerer Konflikt. Die Kinder wollen kooperieren und den Weihnachtsmann vielleicht auch nicht verärgern aus Angst keine Geschenke zu bekommen, aber die Anforderung der gestellten Aufgabe können sie ebenfalls nicht nachkommen.
Sie sind hier an jeder Stelle die Verlierer und bekommen auch hier wieder sehr negatives Feedback von außen, aber auch von sich selbst.

Es ist unbedingt zu raten, mit Traditionen zu brechen und ein Fest zu gestalten, die den Anforderungen und Besonderheiten des Nervensystems eines Kindes mit PDA entsprechen.
Nur so kann man als Familie ein Fest feiern, welches für alle Familienmitglieder positiv ist.

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