Neurodivergenz

Ohne Netz und doppelten Boden

Ohne Netz und doppelten Boden
Ich habe kein Dorf. Kein soziales Netz, keine Familie, die mir helfen könnte, außer meinen Mann. Alle Anderen sind zu weit weg, oder gesundheitlich stark beeinträchtigt. Ich habe nur eine Handvoll Freunde, die selbst stark belastet sind, oder denen meine Kinder einfach zu anspruchsvoll sind. Zudem bleiben meine Kinder auch nicht bei jedem. Das löst, dann zusätzlich weitere Diskussionen aus, wieso das so ist. @cheyenne_schreibt, formulierte vor kurzem dazu so treffend: „es geht halt einfach nicht“. Punkt.
Ich lebe wie viele Eltern mit neurodivergenten, gefühlstarken und anspruchsvollen Kindern ohne Netz und doppelten Boden.
Unser Alltag läuft damit. Irgendwie. Wir sind ausgebrannt. Trotzdem geht es weiter.
Nur dann kommt ein Punkt, an dem es eben doch nicht geht. Das Elternteil, welches die Care Arbeit leistet, wird krank. So krank, dass es eigentlich nicht mehr in der Lage ist, sich um die Kinder zu kümmern, oder eine Geburt steht an.
Und dann? Was machen die meisten von uns dann? Richtig, sie machen weiter.
Sie kümmern sich kurz nach der Geburt wieder um alle Kinder, sie machen den Haushalt mit 40 Grad Fieber und humpeln nach der schweren Knie OP mit den Kindern auf den Spielplatz.
Warum? Es sind vor allem die mangelnden Alternativen. Haushaltshilfen, werden von den Ärzten nur selten aufgeschrieben und dann muss auch noch jemand gefunden werden. Wenn der andere Elternteil, dies übernimmt, entstehen häufig hohe finanzielle Einbußen, die sich die wenigsten leisten können. Und auch sonst gibt es nur wenige Hilfen, die in Anspruch genommen werden können. Diese funktionieren nicht zeitnah, aber sind an viele, harte Bedingungen geknüpft.
Wer also kein soziales Netz hat, muss am Ende genau das ausbaden, wenn es ernst wird.
Warum kein Netz da ist, kann verschiedene Gründe haben.
Bei Eltern von neurodivergenten Kindern sind es vor allem zwei Punkte, die zum Tragen kommen.
1. Wollen und können die wenigsten die Betreuung von sehr anspruchsvollen Kindern übernehmen, oder die Kinder können Fremdbetreuung nicht gut aushalten.
2. Sind die Eltern selber neurodivergent und können mit den ganzen Erwartungen und unausgesprochenen Regeln in einem solchen freundschaftlichen Konstrukt nicht umgehen. Es kostet am Ende mehr Kraft als es bringt.
Ich wünschte mir so ein soziales Netz in neurodivergent. Ohne Verurteilungen, ohne unausgesprochene Regeln, mit viel Ehrlichkeit und Kommunikation, die ich wirklich verstehe und nicht ständig grübeln muss, was „dies und das“ bedeuten könnte. Mit Verständnis, Wärme, ohne Rechtfertigungen und Kontakten, die jedem Einzelnen mehr geben, als nehmen.
Können wir bitte so etwas schaffen? Ein Netz und einen doppelten Boden für unsere Bubble.

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