ADHS ADHS/Autismus/PDA bei Erwachsenen

Medikamente oder keine Medikamente, das ist hier die Frage.

Welche Risiken gibt es bei unbehandelten ADHS?
Eine ADHS Therapie besteht aus mehreren Teilen, um effektiv zu sein.

Ein Teil alleine kann selten ganzheitlich und ausreichend hilfreich sein. Die gängigsten Therapien sind Ergotherapie, Psychotherapie, soziales Kompetenztraining und eine medikamentöse Therapie. Eine Mischung aus Medikamenten und anderen Therapien hilft Betroffenen meist am besten. Ohne einen Psycho oder Ergotherapie können Medikamente zwar unterstützen, dem Kind aber nicht helfen im Alltag besser mit Frustration, Ablehnung oder Konflikten umzugehen.

Ohne Medikamente ist es dafür meistens zu schwierig diese Ziele zu erreichen, weil die Konzentration und Impulskontrolle den Kindern im Weg steht. Sie sind, wie eine Brille, ein Hilfsmittel in unserer Welt zurechtzukommen. Einem Menschen mit starker Sehschwäche, würden wir auch keine Brille verweigern, wenn er lernen möchte zu lesen.
Vor allem Medikamente, werden in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert, dies beruht aber oft auf Falschinformationen, die nicht nur Laien, sondern oft auch Fachpersonal ungeprüft weitergeben. Ja Medikamente, können Nebenwirkungen haben und sie sind sicherlich auch nicht zu unterschätzen.

Hier sollte allerdings, wie auch in vielen anderen medizinischen Bereichen genau nach Risiko und Nutzen abgewogen werden. Ich möchte euch hier ein paar Risiken aufzählen, die Menschen mit unbehandelten

  • psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Ängste und Persönlichkeitsstörungen
  • gesteigertes Risiko für Suizidalität
  • Einsamkeit und Isolierung
  • zwischenmenschliche Probleme
  • People Pleasing
  • Trauma
  • Süchte
  • schlechtes Selbstbewusstsein
  • Schwierigkeiten im Beruf oder Arbeitslosigkeit
  • Essstörungen

Es müssen natürlich nicht alle Punkte eintreten, aber das Risiko ist um ein Vielfaches erhöht, als bei Menschen ohne ADHS. Einen starken Einfluss spielen natürlich auch die persönlichen Lebensumstände, der elterliche Umgang mit der Neurodivergenz und letztendlich auch Glück. Bin ich in einer Gegend mit guten und speziellen Schulen und Therapiemöglichkeiten oder nicht usw.

Medikamente oder keine Medikamente das ist hier die Frage – unser Weg zur ADHS Therapie bei unseren Kind

Unser Weg zur ADHS Therapie

Ich lese immer wieder Unsicherheiten bei Eltern von Kindern mit ADHS über Therapien und im Speziellen den Medikamentösen.
Ich möchte euch heute meine persönliche Sicht zu diesem Thema in 3 Teilen aufzeigen. im heutigen ersten Teil geht es um den Weg mit unserem Kind zur ADHS Therapie.Der Weg zur ADHS Therapie, war bei uns ein langer. Ein Weg voller Falschinformationen, Vorurteile und fehlender Aufklärung. 

Unser Sohn bekam mit 6 Jahren die Diagnose Autismus Spektrums Störung. Auch ADHS war mit im Raum und wurde ohne abgesprochene Diagnostik mit in seine Akte geschrieben. 

Ich war damals nicht damit einverstanden, weil mein Sohn zwar etwas motorisch unruhig war, sich doch aber auf einzelne Sachen so gut konzentrieren konnte. 

Heute weiß ich, dass dieses Konzentrieren der Hyperfokus ist.
Ich beschäftigte mich die nächsten Jahre vor allem mit Autismus. Unsere damalige Ärztin wollte mich immer wieder überreden, dass er Medikamente nimmt, klärte aber nicht auf warum und ging auch nicht auf meine Bedenken ein, oder klärte mich darüber auf, dass ich ein völlig falsches Bild von ADHS hatte.

Das war erstmal in Ordnung, denn der Autismus stand im Vordergrund.
Mit den Jahren wurde er aber immer unruhiger, konnte in der Schule überhaupt nicht mehr sitzen bleiben, konnte nur schlecht schreiben und in Heften arbeiten, obwohl er kognitiv längst viel weiter war.
Nun blieben uns zwei Möglichkeiten. Medikamente, oder Schulwechsel.

 Wir hatten bis dahin den Arzt gewechselt, der mich wesentlich besser aufklärte. Ich recherchierte im Internet und beschäftigte mich eingehend mit der Thematik. Ich selber wusste von meinem eigenen ADHS auch noch nichts zu dieser Zeit.

Als ich dann lernte, was ADHS in Wirklichkeit ist und wie die Medikamente wirken, traf ich zusammen mit meinem Sohn die Entscheidung es zu versuchen.

Wir haben sehr langsam mit der Dosierung angefangen und mehrere Medikamente getestet, sind aber jetzt an einem Punkt, wo er sehr gut eingestellt ist, kaum Nebenwirkungen hat und sich wohlfühlt.
Wir kämpften in dieser Einstellungszeit mit starken Gefühlsausbrüchen, depressiven Verstimmungen, Schlafproblemen, Aggressionen und vor allem einem extremen Rebound. Ein Rebound, ist der Zeitpunkt, wenn die Medikamente aufhören zu wirken und die Kinder manchmal für 30-90 m sehr aufgewühlt oder sogar aggressiv sind. Das kommt aber nicht bei jedem Kind vor und es gibt durchaus Möglichkeiten, das zu verhindern oder abzumildern.
Ja, es ist schwierig und mit viel Energie, Aushalten und Stress verbunden, aber ich kann für mich und auch mein Kind sagen, dass es sich gelohnt hat. Er hat davon profitiert, hat unglaublich schnell schulisch aufgeholt, hat weniger Probleme mit der Impulskontrolle und auch in Konflikten mit uns und seinen Geschwistern. Selbst Ausflüge sind jetzt wieder möglich. Zusätzlich bekommt er auch noch Ergotherapie und später wird er in eine soziale Kompetenzgruppe mit anderen Betroffenen Kindern gehen.
Ich habe meinen Sohn vorher gefragt, ob ich darüber schreiben darf, er ist selber sehr interessiert an Aufklärungsarbeit.

Ich weiß, es ist nicht der Weg für euch alle, aber trotzdem, hoffe ich dem ein oder anderen etwas Einblick und vielleicht sogar Mut zu machen.

Was bedeutet es spätdiagnostiziert zu sein?

Zum Abschluss, möchte ich auch einen kleinen Einblick in mein Leben als spät diagnostizierte geben, die erst jetzt, mit 37 eine ADHS Therapie beginnt. Wie erging es mir auf meinen Weg? 

Ich hatte das große Glück, bei sehr bedürfnisorientierten Eltern aufzuwachsen. Meine weitere Familie lehnte mich wegen meines Temperaments und in ihren Augen schlechten Benehmens ab. Schon damals merkte ich, dass ich für sie das schwarze Schaf war und als einziges Kind in der Familie abgelehnt wurde.
Egal, wo ich war. Ob nun Schule, Freunde meiner Eltern, oder Freunde meiner Freunde, fanden mich alle immer anstrengend. Ich war zu laut, zu wild, zu unbändig. 

Oft kam ich in Konflikte mit Autoritäten wie Erzieher oder Lehrer und wurde entweder massiv abgelehnt, oder ich hörte den Spruch, der sich noch heute in mein Hirn gebrannt hat. „Janina, wenn du dich im Griff hättest, könntest du so viel erreichen“.

Ich fing viel an und beendete wenig. Entweder weil das Interesse nachließ, oder weil ich irgendwann am Beginn meines Erwachsenenalters eine starke Angsterkrankung entwickelte.

Irgendwann hatte ich aber zumindest eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Die Zeit meiner Jugend, war relativ unspektakulär. 

Ich hatte immer mindestens eine gute Freundin und später auch immer einen Partner. Aber merkte schon früh, dass ich mit diesen Menschen eigentlich gar nichts gemeinsam hatte. Meine Interessen waren ungewöhnlich für mein Alter. Ich mochte Videospiele, Computer, das Internet und Naturwissenschaften. Keine meiner Freundinnen damals hatte diese Interessen. Sie mochten Schauspieler, Boybands und Disco oder jagten Jungs hinterher. 

Das alles interessierte mich nicht. Ich tat aber so, um nicht aufzufallen. Ich durfte niemals ich selber sein, aus Angst nicht gemocht, oder abgelehnt und ausgelacht zu werden.

Auch Discos und Orte mit vielen Menschen waren mir ein Graus. Ich erfand Ausreden, um nicht mitzumüssen.
Diese starke Maskierung schlug sich in eine extreme Angsterkrankung. Mein Körper und meine Psyche sagten Stopp. Diese Angst legte mein gesamtes Leben auf Eis und stoppt mich auch heute noch oft.
Ich bin ein People Pleaser und lebe in Angst abgelehnt zu werden. Ich habe das konstante Gefühl, meine Schwächen überdecken zu müssen und habe extreme Ansprüche an mich. Niemals darf es unordentlich sein und niemand darf merken, wie schwer mir Dinge fallen.
Jetzt, nach meiner Diagnose, fange ich endlich an, diese Maske nach und nach fallen zu lassen und mich selbst zu finden.
Ich bin mir sehr sicher, dass es für mich anders hätte laufen können und dass ich mit einer ADHS Therapie ein Leben hätte leben können, was mich nicht so krank gemacht hätte. So bin ich durch zahlreiche Therapien gegangen, habe falsch Diagnosen bekommen und selbst von Therapeuten Vorwürfe bekommen, mir selbst im Weg zu stehen und „es eben nicht genug zu wollen“.
Dabei war die Antwort immer so nah und es hätte so viel Leid vermieden werden können.

Deswegen ist es mir bei meinen Kindern unheimlich wichtig, dass sie wissen, warum ihr Gehirn anders funktioniert, als bei anderen. Warum sie Probleme im Alltag haben, die andere nicht haben und vor allem wie sie damit umgehen können, ohne sich ständig maskieren zu müssen.
Ich möchte, dass sie echt sein können und keine Rolle spielen müssen. Nicht so leiden, wie ich es mein Leben lang tat.

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