Autismus

Meltdown

Wenn unsere Kinder zu lange, zu vielen Reizen ausgesetzt waren. geraten sie häufig in einen Overload- Wenn wir hier nicht schnell genug reagieren, oder es im stressigen Alltag, vielleicht sogar gar nicht bemerken, kommt es häufig zu einem Meltdown beim Kind. Diese Situation ist für alle Beteiligten extrem und intensiv. Eltern fühlen sich grad bei den ersten Meltdown, oft hilflos und überfordert. Es fällt ihnen schwer, die Situationen im Vorfeld auszumachen, um sie zu vermeiden oder abzumildern. Sie müssen erst lernen, ihre Kinder lesen zu können und im Fall des Meltdown richtig zu reagieren. Jedes Kind ist sehr individuell bei Auslösern und Umgang. Trotzdem möchte ich einige Punkte zusammen tragen, die bei uns gut helfen- Vielleicht ist der ein oder andere Punkt, auch etwas für euch. Zusätzlich, möchte ich die Begriffe für Eltern die neu im Thema sind, nochmal erklären

Definition Overload
(Überladung, Reizüberflutung)

Wenn zu viele Reize, auf das Kind einwirken, beispielsweise über lange Zeit, zu schnell oder zu viele auf einmal, kommt es zum Overload. Dies können entweder laute Geräusche, helle Lichter, grelle Farben, intensive Gerüche/Geschmäcker, bestimmte Texturen, aber auch Gefühle sein. Menschenmengen, zu viele aufeinander folgende Fragen oder komplexe Aufgaben, können ebenfalls Auslöser sein. Das Kind kann der Situation nicht entfliehen, oder sich selber stimulieren, z.B. durch monotone Geräusche, hin und her wiegen, Reime, Zählen usw. Schließlich wird das Nervensystem überlastet und es kommt entweder zum Shutdown, oder zum Meltdown

Definition Shutdown
(Abschalten)

Ein Shutdown, kann die Reaktion auf Reizüberflutung (Overload) sein, oder nach dem Meltdown vorkommen. Das Kind wiegt sich z.B. hin und her, rollt sich ein, oder versteckt sich unter einer Decke/hinter einem Gegenstand und ist nicht mehr ansprechbar. Es versucht alles, um nicht mehr den quälenden Reizen und der überfordernden Situation ausgesetzt zu sein.

Definition Meltdown
(Kernschmelze)

Ein Meltdown, ist die Folge eines Overload ohne Rückzugsmöglichkeit. Mögliche Reaktionen sind schreien, werfen von Gegenständen und das Verlieren, jeglicher Kontrolle über sein Verhalten. Wenn man in diesen Momenten, Geschwister, Mitschüler, Tiere, oder sich selber. nicht fern hält, kann es zu aggressivem Verhalten gegen diese führen. Manche Kinder verletzen sich selbst, schlagen sich oder ihren Kopf gegen die Wand, oder kratzen/beißen sich. Auch das Schmerzempfinden, kann herab gesetzt sein, was in dieser Situation, besonders gefährlich werden kann. Nach dem Meltdown, schämen sich Betroffene häufig für ihr Verhalten, oder können sich kaum daran erinnern.

Unterschied zwischen Meltdown und Wutanfall

Ein Meltdown, sieht von außen zwar aus, wie ein Wutausbruch, wird aber nicht von Wut, sondern Verzweiflung ausgelöst. Das Kind möchte sich und andere nicht verletzen, kann sein Verhalten, aber nicht steuern. In der Praxis, ist mir aufgefallen, dass die Kinder das Gefühl, trotzdem als Wut beschreiben. Ich vermute, dass es sich ähnlich anfühlt, und ein Kind, es oft noch nicht besser differenzieren kann,

Wie kann ich mich beim Meltdown verhalten?

  • Sicherheit für das Kind und alle anderen schaffen
  • Präsent sein, aber nur so nah, wie es das Kind signalisiert
  • nicht schimpfen, schreien, drohen, oder auf das Kind einreden
  • dem Kind Nähe geben/trösten, wenn es dieses möchte
  • und ganz wichtig: die auslösenden Reize, vom Kind fernhalten, damit es runterfahren kann

Nicht jeder dieser Punkte trifft gleichermaßen auf jedes Kind zu. Wenn Eltern, sich auf ihr Kind einlassen, finden sie schnell heraus, was bei ihrem Kind hilft

Ein Meltdown, ist ein absoluter Ausnahmezustand für den Betroffenen Menschen. Die Meisten sind danach so kaputt und müde, wie nach einem 10km Lauf. Sie benötigen Ruhe und brauchen, Stunden und manchmal sogar Tage um sich wieder vollständig zu erholen. Wenn du, die Situation mit deinem Kind besprechen und aufarbeiten möchtest, mach dies erst, wenn es dazu bereit ist. Wichtig ist, dass das Kind, nicht absichtlich so reagiert. Schimpfe nicht mit ihm und bestrafe es nicht, denn dies kann dein Kind traumatisieren und schadet nachhaltig seinem Selbstbewusstsein. Besser ist es, Situationen, bei denen es möglich ist, komplett oder teilweise zu vermeiden. Euer Leben muss nicht so, wie das von allen anderen sein. Hauptsache es geht allen Familienmitgliedern gut. Mein Nächster Beitrag wird sich, mit dem Thema Prävention von Overload beschäftigen

Wie kann ich einen Meltdown verhindern?

Meltdown lassen sich natürlich nicht vollkommen verhindern. Es gibt in unserem Leben zu viele Situationen, in denen wir mit extrem vielen Reizen konfrontiert werden. Auch Meltdown aufgrund von Vorfreude oder anderen starken Gefühlen, sind schwer vermeidbar. Trotzdem gibt es einige Dinge, die wir selber, oder Eltern für ihre Kinder tun können, um die Häufigkeit deutlich zu reduzieren. Ein Meltdown ist quälend und Kräfte zehrend für einen Betroffenen und sollte deswegen, so selten wie möglich passieren. Um eine Prävention zu gewährleisten, müssen wir zunächst wissen, was häufige Auslöser sein können.

Mögliche Auslöser

  • Neue oder fremde Umgebungen z.B nach Umzug, im Urlaub
  • Veränderte Routinen
  • Hitze oder extreme Kälte
  • Lautstärke
  • Schlafmangel
  • Krankheit oder Schmerzen
  • Reizüberflutung
  • Soziale Interaktionen
  • Zu langes oder starkes Masking
  • Freude/Vorfreude z.B. Geburtstag/Weihnachten
  • Starke Emotionen
  • zu komplexe Aufgaben
  • Aus einer belastenden Situation nicht flüchten können
  • Streit oder ständige Kritik
  • unerwartete Planänderungen

Für jeden Betroffene sind die Trigger anders. Was für den Einen sehr belastend ist, ist für den Anderen völlig unproblematisch.

Was kann ich tun um Meltdown zu verhindern?

  • Umgebungen mit sehr vielen Reizen meiden, oder wenn das nicht möglich ist schützende Maßnahmen anwenden (Ohrstöpsel, Lärmschutz, Sonnenbrille, Nasenklammer, Musik hören
  • Vor aufregenden Ereignissen einen Abstreichkalender machen, um die Zeit zu veranschaulichen. Am besten vorher auch detailliert über das Ereignis sprechen
  • Tagesplan zum veranschaulichen von (neuen) Routinen
  • Wenn möglich keine spontanen Planänderungen
  • Neue Umgebunden vorher entweder Vorort, oder im Internet erkunden, damit der Betroffene vorbereitet ist
  • Bei Hitze oder Kälte für Möglichkeiten, der Temperaturregelung sorgen (Ventilator/dicke Kleidung)
  • Immer ausreichend Rückzugsmöglichkeiten bieten
  • Schlafhygiene einhalten
  • Möglichst wenig und wenn nur konstruktiv kritisieren. Lieber Alternativen bieten, als schimpfen
  • Möglichkeiten zeigen, mit Emotionen umzugehen und sie zu erkennen (Moodboard)

Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass ein Meltdown/Shutdown ein wirklich belastendes Ereignis für einen Menschen mit Autismus ist. Er leidet, häufig tagelang darunter und das ist nicht nur für den Betroffenen, sondern ggf. auch die Angehörigen/Eltern schwierig. Wenn mein Kind beispielsweise einen Meltdown hatte, konnte es am nächsten Tag nicht zur Schule und auch alles andere, musste abgesagt werden. Das ist für beruftstätige Elternteile, oder Eltern mit mehreren Kindern wirklich schwer zu bewältigen. Aber auch erwachsene Betroffene, haben Schwierigkeiten, wenn sie den nächsten Tag nicht einkaufen können, oder Termine wahr nehmen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir unser Leben komplett umstellen mussten und alles was “man” so macht vergessen. Wir mussten uns ein Umfeld schaffen, was funktioniert, bei dem es aber allen Beteiligten gut geht. 

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